Lesenlernen im 21. Jahrhundert: Warum unsere Kinder anders lesen und lernen als wir

Hallo liebe Eltern!

Wer hat sich nicht schon mal gefragt, warum Kinder heutzutage schlechter lesen und schreiben können, als wir in ihrem Alter? Und es gibt eine weitere wichtige Frage in diesem Zusammenhang: Wie lernen Kinder heute eigentlich das Lesen? Spoiler: Es ist etwas komplizierter als „A, B, C“. Aber keine Sorge! Ich nehme euch mit auf eine Tour durch die verschiedenen Lehrmethoden, die derzeit in Deutschland populär sind. 📘

Warum können viele Kinder schlechter lesen?

Zunächst zu dem brennenden Thema: Warum sind viele Kids heutzutage so viel schlechter in Rechtschreibung als ihre Eltern? Die Antwort ist nicht einfach, aber einige Faktoren spielen hier eine Rolle:

  • Digitale Ablenkungen: Smartphones, Tablets und Co. haben die Art und Weise, wie Kinder ihre Freizeit verbringen, dramatisch verändert.
  • Geringere Lesezeit: Früher war Lesen oft die Hauptfreizeitbeschäftigung, heute muss es mit vielen anderen Aktivitäten konkurrieren.
  • Veränderte Familienstrukturen: In vielen Familien ist weniger Zeit für gemeinsames Lesen oder Vorlesen, oft wegen beruflicher Verpflichtungen der Eltern.
  • Ineffektive Lehrmethoden: Die o. g. Punkte machen es erforderlich, dass die Lehrmethoden individuell für jedes Kind angepasst werden. Motivation, Vorbildung und die Auffassungsgabe müssten dabei berücksichtigt werden. Dass jedes Bundesland sein eigenes Buchstaben-Süppchen kocht, macht es nicht einfacher.

Warum sind Experten sich nicht einig?

Pädagogen, Linguisten und Entwicklungspsychologen diskutieren hitzig über die „beste“ Methode zum Lesenlernen. Warum? Weil jedes Kind unterschiedlich ist.

  • Individuelle Lerngeschwindigkeiten: Manche Kinder fassen schnell, andere brauchen mehr Zeit.
  • Verschiedene Stärken und Schwächen: Einige Kinder haben ein gutes Gedächtnis für Worte, andere für Bilder.
  • Motivationsunterschiede: Nicht alle Kinder sind gleich motiviert, das kann von der Methode abhängen oder von der familiären Unterstützung.

Und nicht nur die Kinder sind verschieden. Die angewandten Methoden sind es natürlich ebenfalls. Und jede davon hat ihre Stärken und Schwächen. Wenn dann das Puzzleteil nicht ins Gesamtpuzzle passt, bleibt ein Kind auf der Strecke. Mit allen Konsequenzen für das ganze Leben!

Übersicht über gängige Lehrmethoden

Der gute alte Klassiker: Die Fibelmethode

Diese Methode hat Generationen von Lesern hervorgebracht. Sie hat also definitiv ihren Wert, könnte aber manchmal einen modernen Anstrich vertragen. Denn zunächst einmal bedeutet Fibelunterricht nur, dass eine Fibel, also ein Lehrbuch, Anwendung findet. Die eigentliche Gestaltung variiert regional sehr stark. Waren die Fibeln früher reine Lesebücher, so gibt es heute entsprechende Übungshefte und weiteres Material dazu.

  • Stärken: Strukturiert, Schritt-für-Schritt-Anleitung
  • Schwächen: Kann langweilig sein, wenig Flexibilität

„Ich mach das jetzt selbst!“: Schreib-wie-du-sprichst-Methode nach J. Reichen

Diese Methode, auch „Schreiben nach Gehör“ genannt, wirkt oft wie ein kreative Chaos, bei dem Kinder die Worte so schreiben dürfen, wie sie sie hören. Einziges Hilfsmittel ist eine sogenannte Anlauttabelle, die für weitere Probleme sorgt. Zur Anlauttabelle findest du direkt  hier drunter auch einen eigenen Absatz.

Zurück zum „Schreiben nach Gehör“. Das Ergebnis ist häufig bizarr und bringt das Problem auf den Punkt: Kinder lernen tatsächlich so zu schreiben, wie sie sprechen. Die deutsche Sprache ist für diese Methode allerdings überhaupt nicht geeignet, weil es unglaublich viele sprachliche Ausnahmen gibt.

Fehler wie „Hunt“ statt „Hund“ oder „Fährt“ statt „Pferd“ sind keine Seltenheit. Gute Schüler lernen mit einiger Übung die richtige Schreibweise über die Ganzwort-Methode auswendig. Schlechtere Schüler bleiben auf der Strecke.

  • Stärken: Förderung der Selbständigkeit und Kreativität
  • Schwächen: stark fehleranfällig, deshalb oft verwirrend für Kinder, fehlerhafte Rechtschreibung wird regelrecht antrainiert.

Laute stehen ganz oben: Anlautmethode und Anlauttabellen:

Bei dieser Verfahrensweise wird das Kind von ersten gehörten Lauten über passende Bilder zum entsprechenden Buchstaben gebracht. Der Name Anlauttabelle ist nicht ganz richtig, da auch Bilder für Endlaute in der Tabelle enthalten sind.

Beispiele für Anlaute und Endlaute in Kombination mit einem Bildchen: „A“ mit Ameise, „Ei“ mit Eis, „P“ mit Papagei oder„ch“ mit Milch.

Kllingt das zunächst mal gut, gibt es doch einen kleinen Haken, der genaugenommen ziemlich groß ist: die Unregelmäßigkeiten der deutschen Sprache. Mit irreführenden Buchstaben-Bilder-Pärchen werden die Kinder auf falsche Fährten gelockt. Denn es gibt zahlreiche Ausnahmen, bei denen es für einen einzigen Laut gleich mehrere Buchstaben bzw. eine Kombination aus Buchstaben gibt.

Ich möchte dies am Beispiel „i“ wie Igel deutlich machen. Der Laut /i:/ (langes „i“) kann auf verschiedene Weisen geschrieben werden:

  • In rund 83% der Fälle wird er als „ie“ geschrieben, wie im Wort „Knie“.
  • In etwa 14% der Fälle wird er als „ih“ dargestellt, wie im Wort „ihr“.
  • Zu etwa 3% erscheint er einfach als „i“, wie im Wort „Fibel“ … oder „Igel“.
  • Und in weniger als 1% der Fälle wird er als „ieh“ geschrieben, wie im Wort „Vieh“.

Die Schreibweise Igel ist also eine eher seltene Form in der deutschen Schriftsprache. Ebenso Tiger oder Biber. Das regelmäßige „ie“ wird hingegen in der ersten Klasse meist gar nicht gelehrt. Das dies in der Folge zu Problemen führt, ist offensichtlich, oder?

  • Stärken: Stellt Bezug zwischen Lauten und Buchstaben her, Vorstellung der Bilder unterstützt beim Lernprozess.
  • Schwächen: Greift mit der Lautorientierung nur ein Prinzip der Schrift auf. Die korrekte Beziehung zwischen Laut und Darstellung kann schon früh zu Verwirrung und fehlerhafter Rechtschreibung führen.

Viel Struktur und Anleitung: Die silbenanalytische Methode

„Blu-me“, „La-den“, „Wol-ke“ – Bei dieser Methode stehen die Silben im Fokus. Von Anfang an wird regelgetreu geschrieben und die Rechtschreibung trainiert. Da es sich um eine anspruchsvolle Methode handelt, können schwächere Kinder schnell überfordert sein.

  • Stärken: Guter Mittelweg, bereitet auf Rechtschreibung vor
  • Schwächen: Kann anspruchsvoll sein, nicht für jeden geeignet

Ohne Pauken geht es nicht: Die Ganzwort-Methode

Die Ganzwortmethode beim Lesen- und Schreibenlernen basiert auf einem Ansatz, der von den Schülern verlangt, Wörter als Ganzes zu erkennen und auswendig zu lernen, anstatt sie in ihre phonetischen Bestandteile zu zerlegen. Diese Methode hat insbesondere bei der Aneignung von häufig vorkommenden und unregelmäßigen Wörtern ihre Berechtigung, da diese oft nicht den üblichen phonetischen Regeln folgen. Durch das Auswendiglernen dieser Wörter können Schüler eine korrekte Rechtschreibung erzielen und ihre Lesefähigkeiten schneller entwickeln, indem sie ganze Wörter auf einen Blick erkennen, anstatt sie mühsam buchstabieren zu müssen.

Allerdings bringt die Ganzwortmethode auch Herausforderungen insbesondere auch für schwächere Schüler mit sich. Kritiker bemängeln, dass sie nicht ausreichend auf das Verständnis der zugrundeliegenden phonetischen Prinzipien der Sprache eingeht. Dies kann dazu führen, dass Schüler bei der Begegnung mit neuen oder seltenen Wörtern Schwierigkeiten haben, da sie nicht gelernt haben, Wörter anhand ihrer Laute zu erschließen. Zudem kann eine zu starke Fokussierung auf das Auswendiglernen ohne Verständnis der phonetischen Struktur die Entwicklung der Rechtschreibfähigkeiten beeinträchtigen.

  • Stärken: schnelle Worterkennung, effektiv bei unregelmäßigen Wörtern
  • Schwächen: mangelndes Verständnis für die phonetischen Prinzipien, Überforderung durch Auswendiglernen

Der Individualist: Die Rechtschreibwerkstatt

Ein maßgeschneiderter Ansatz, der die Stärken und Schwächen des Kindes in den Mittelpunkt stellt.

  • Stärken: Individualisiert, fördert das Verständnis für die deutsche Rechtschreibung
  • Schwächen: Zeitaufwendig, erfordert viel elterliche Begleitung

Meine Erfahrung: Ich kenne Eltern, die diese Methode lieben, und andere, die sie für viel zu kompliziert halten. Sie erfordert auf jeden Fall ein hohes Maß an Engagement.

Fazit: Es gibt keinen Königsweg

Liebe Eltern, es ist verlockend, nach der einen perfekten Methode zu suchen. Aber die Wahrheit ist: Es gibt sie nicht. Der beste Weg zum Lesenlernen ist so individuell wie euer Kind. Lasst euch nicht entmutigen, wenn der erste Versuch nicht klappt. Habt Geduld und bleibt flexibel.

Also, schnappt euch ein Buch, setzt euch mit eurem Nachwuchs hin und entdeckt gemeinsam die wunderbare Welt der Buchstaben! 📚

Ich bin gespannt, welche Erfahrungen ihr gemacht habt! Schreibt sie mir in den Kommentaren. 🖋️

Bis zum nächsten Mal und viel Erfolg auf eurer Lese-Expedition! 🌟

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